Arbeitskampf und Betriebsverfassungsrecht
Arbeitskampfverbot
Nach § 74 Abs. 2 S. 1 BetrVG besteht zwischen den Betriebsparteien das Verbot des Arbeitskampfs untereinander. Das betrifft aber nicht die Beteiligung an Arbeitskämpfen tariffähiger Parteien. Dem Arbeitgeber steht auch das Recht zu, Betriebsratsmitglieder auszusperren, sodass sie auch bei einer Betriebsratstätigkeit keine Entgeltfortzahlung erhalten[1]BAG NZA 1989, 353.. Die Grenze ist jedoch dort erreicht, wo sich die Maßnahmen gegen den Betriebsrat als Organ richten[2]Hromadka/Maschmann, § 14, Rn. 167..
Betriebsrat und Arbeitskampf
Betriebsratsamt und Beteiligungsrechte
Das Betriebsratsamt bleibt während eines Arbeitskampfs bestehen[3]BAG NJW 1971; BVerfG NJW 1975, 968.. Soweit eine Angelegenheit keinen Bezug zum Arbeitskampf hat, behält der Betriebsrat dabei auch seine Initiativ- und Beteiligungsrechte. Umstritten ist die Lage, wenn eine Maßnahme im Zusammenhang mit einem Arbeitskampf erfolgt. Nach der M.M. erfolgt keine Einschränkung der Mitbestimmungsrechte.
Die h.M. nimmt dagegen eine Einschränkung vor, wenn das Beteiligungsrecht die Arbeitskampffreiheit ernsthaft beeinträchtigen kann. Das ist der Fall, wenn dessen Wahrung die Durchführung zumindest vorübergehend hindert und auf den Arbeitgeber so zusätzlicher Druck ausgeübt wird, weil er Fristen wahren muss oder es einer Zustimmung des Betriebsrats bedarf[4]BAG NZA 2012, 571.. Daraus ergibt sich aber auch, dass reine Unterrichtungs- und Beratungsrechte grundsätzlich bestehen bleiben.
Bei arbeitskampfbedingten Kündigungen lässt die Rechtsprechung jegliche Beteiligung entfallen[5]BAG NJW 1978, 2054.. Eine Mindermeinung verlangt dagegen wenigstens eine Anhörung. Bei personellen Einzelmaßnahmen entfällt ebenfalls die Mitbestimmung; erfolgt die Versetzung aber aus einem nicht bestreikten Unternehmen heraus, hat der Betriebsrat in diesen Fällen mitzubestimmen. Möchte der Arbeitgeber auch nach dem Arbeitskampf die getroffene Maßnahme aufrechterhalten, muss er die Zustimmung des Betriebsrats nachträglich einholen.
Neutralitätspflicht
Aus der Neutralitätspflicht folgt, dass der Betriebsrat als Gremium nicht am Arbeitskampf teilnehmen darf. Er darf daher mit den ihm verbleibenden Rechten keinen weiteren Druck auf den Arbeitgeber ausüben. Umstritten ist, ob der Betriebsrat auf die Belegschaft bei einem Streik mäßigend einwirken muss, da § 74 Abs. 2 S. 1 BetrVG lediglich ein Unterlassen und kein Tun fordert.
Betriebsratsmitglied und Arbeitskampf
Das einzelne Betriebsratsmitglied darf sich als gewöhnlicher Arbeitnehmer an Arbeitskampfmaßnahmen teilnehmen. Er hat dabei alle Handlungen, die ihn als Betriebsratsmitglied qualifizieren könnten, zu unterlassen. Er darf deshalb auch nicht Betriebsratsmittel für einen Arbeitskampf verwenden.
Verstößt der Betriebsrat in grober Weise als Organ gegen seine Neutralitätspflicht kann er aufgelöst werden (§ 23 Abs. 1 BetrVG). Daneben besteht auch ein Unterlassungsanspruch. Verstößt ein einzelnes Mitglied gegen seine Pflichten, kann es augeschlossen werden (§ 23 Abs. 1 BetrVG). Unter Umständen kann es auch zu einem Schadensersatzanspruch nach § 283 Abs. 2 BGB i.V.m. § 74 Abs. 2 BetrVG und nach § 280 Abs. 1 BGB kommen. In Ausnahmefällen kann auch eine außerordentliche Kündigung erfolgen; dies ist nicht gegeben, wenn das Mitglied den Streik nicht angezettelt hat und es keine Exzesse begangen hat[6]Hromadka/Maschmann, § 14, Rn. 183..